Mensch gegen Computer – Schach und Workforce Management

Am 11. Mai 1997 hat Deep Blue alles verändert…
Dieser Tag war zugleich das Ende und der Beginn einer Ära.

In meiner Kindheit habe ich meinem Vater oft beim Schachspielen zugesehen. Ich war beeindruckt, wie schnell er so viele Spielzüge durchdenken und planen konnte. Er hatte dafür allerdings viel trainiert: Er analysierte viele professionelle Schachspieler, Bobby Fischer war sein Idol. Für mich als Kind hatte das Schachspiel etwas Magisches – das Ticken der Schachuhr, die Intensität der kurzen Partien. Es schien mir einfach unmöglich, eine Partie in 1, 2 oder 5 Minuten zu spielen. Ich konnte einfach nicht begreifen, wie er in so kurzer Zeit die Spielzüge seines Gegners verarbeiten und vorausahnen konnte. Mein Vater besuchte häufig Schachcafés, wo er gegen andere Leute spielte. Er organisierte außerdem Schachpartien bei uns zu Hause mit ein paar Freunden, die seine Leidenschaft teilten. Mit der Zeit wurden diese Treffen aber seltener, und mein Vater spielte weniger. Zu dieser Zeit gab es bereits Schachspiele auf Computern, aber selbst auf der höchsten Schwierigkeitsstufe konnten sie ihn nicht in „Ping Pong“-Partien schlagen. Das änderte sich jedoch schnell…

Februar 1996: Die Partie Deep Blue gegen Garry Kasparov stand an. Kasparov hatte zu dieser Zeit 11-mal hintereinander die Weltmeisterschaft gewonnen. Er wirkte unbesiegbar. Auch bei dieser neuen Herausforderung gewann Kasparov mit einem 4-2 gegen Deep Blue. Nur ein Jahr später, an eben jenem 11. Mai 1997, gewann die verbesserte Version von Deep Blue gegen den Champion mit 3½-2½. Ausgestattet mit einem Speicher, der doppelt so groß war wie der des Vorgängers, konnte Deep Blue 200 Millionen Positionen pro Sekunde berechnen.

Taktieren mit (nahezu) unbegrenzt vielen Möglichkeiten

Ähnlich wie beim Schach mit seinen 16 unterschiedlichen Figuren mit 6 unterschiedlichen Schachsteinen und nahezu unbegrenzt vielen Möglichkeiten, müssen Unternehmen mit der Komplexität von Schichtplanung umgehen. Mitarbeiter haben unterschiedliche Funktionen; aber selbst innerhalb einer Funktion gibt es verschiedene Einschränkungen und Präferenzen. Stellen Sie sich vor, einer Ihrer „Springer“ könnte nicht in einem „L“ vorziehen, sondern nur in einem „I“? Oder die „Königin“ würde es bevorzugen, sich wie der „Läufer“ entweder nur auf schwarzen oder weißen Feldern zu bewegen. Die Komplexität würde enorm steigen.

Mit Änderungen wie diesen und persönlichen Einschränkungen innerhalb einer Mitarbeitergruppe muss ein Dienstplaner tagtäglich taktieren. Er muss eine schier endlose Zahl an Variablen berücksichtigen: Mitarbeiter, die nur bestimmte Schichten oder in festgelegten Zeitrahmen arbeiten können oder wollen, nur an einigen Wochentagen zur Verfügung stehen oder Einschränkungen an bestimmten Tagen haben; Mitarbeiter, die unterschiedliche Verträge mit verschiedenen zeitlichen Einschränkungen haben, oder Mitarbeiter, die in mehr als einer Funktion arbeiten können, etc.

Das klingt für sich schon schwierig, aber wenn man zusätzlich bedenkt, dass ein Dienstplaner eine Gruppe von 300 Mitarbeitern mit dynamischen Bedarfen plant, wird es sehr schnell mehr als schwierig.

Nur um diese Komplexität mal in Zahlen zu fassen: Man stelle sich vor, die Dienste dieser 300 Mitarbeiter sollen für 30 Tage geplant werden. In einem Datenblatt sind das 9.000 Zellen, die mit Daten gefüllt werden müssen. Selbst wenn man ein sehr einfaches Schichtmodell hat, zum Beispiel 4 Schichten (morgens, mittags, abends, nachts) und einen freien Tag – das Ergebnis sind (300×30)^5 unterschiedliche Pläne, die ein Planer theoretisch berücksichtigen müsste. Das Ergebnis sind 59.049.000.000.000.000.000 Möglichkeiten – eine ganz schön eindrucksvolle Zahl, die veranschaulicht, wie komplex dieses wiederkehrende Problem eigentlich ist.

Grenzen des vertikalen Denkens

Um die Herausforderung der Schichtplanung zu lösen, greift das menschliche Gehirn auf die Logik des vertikalen Denkens zurück. Vertikale Problemlösungen bauen allerdings einzig auf bereits vorhandenem Wissen auf, um die beste Variante zu finden. Das Wesentliche der Logik ist, dass wir bei Entscheidungen die Lösung rechtfertigen, und jede Lösung auf dem Prinzip basiert, „Fehler“ zu vermeiden. Auf Schach bezogen ist das oft nicht die beste Option: Dort kann es sich durchaus lohnen, eine Spielfigur zu opfern, also einen vermeintlichen „Fehler“ zu begehen, um langfristig einen größeren Vorteil daraus zu schlagen. Schichtpläne sind so komplex, dass es fast unmöglich ist, Schichten manuell nach dem nicht-vertikalen „Schach-Prinzip“ zu „spielen“ oder zu planen.

Im Match zwischen Kasparov und Deep Blue, vollzieht der Computer einen Spielzug ohne direkten Vorteil: Er zieht einen „Bauern“ vor, obwohl dieser dort einfach geschlagen werden kann. Der Schachweltmeister brachte diese letztendlich erfolgreiche Strategie perfekt auf den Punkt:

„Es war ein wundervoller und sehr menschlicher Zug“, so Kasparov. Die scheinbare Menschlichkeit hatte ihn kurzzeitig aus dem Konzept gebracht. „Ich habe gegen eine Menge Computer gespielt und nie etwas Vergleichbares erlebt. Ich spürte – ich roch geradezu – eine neue Form der Intelligenz am Tisch“, erklärte er in einem Interview mit dem Time Magazin.

Dieser scheinbar „menschliche“ Zug war das Ergebnis der riesigen Rechenleistung von Deep Blue. Die Maschine konnte vorhersehen, was zu dem Zeitpunkt für den Menschen kaum erkennbar war: welchen materiellen Vorteil ihm das Opfern des „Bauern“ in den nächsten Spielzügen bringen würde. Genau das kann ein Workforce-Management-Optimierer leisten: Die vollständige Abdeckung eines Tages wird zum Beispiel geopfert, oder ein freier Tag wird ohne direkt ersichtlichen Grund vergeben, nur um größere Abdeckungsprobleme in der Zukunft zu vermeiden.

Alle, die manuell Schichtpläne erstellen, haben dieselben Probleme – unabhängig von der Methode, egal ob sie sich beginnend beim letzten Tag zum Start des Planungszeitraums vorarbeiten, von der Mitte nach außen, Einschränkungen vorher festlegen und nachher die Schichten vergeben.  Die Anforderungen sind so dynamisch und die Schwierigkeit der Umsetzung so hoch, dass jede „nachträgliche“ Änderung der Schichten in suboptimalen und subjektiven Lösungen resultiert, die anfällig für Fehler sind und sogar Nicht-Beachtung  der Arbeitszeitgesetze, Betriebsvereinbarungen oder Mitarbeiterwünsche zur Folge haben können.

Erfolg durch antizipieren und bewerten

Magnus Carlsen, der jüngste Schachgroßmeister der Geschichte, und der jüngste, der die erste Position der Elo-Wertung erreichte, erklärte in einem Interview, wie er das geschafft hat: In Wettkämpfen kann er zwar 15 bis 20 Spielzüge antizipieren, aber der wahre Schlüssel zum Erfolg sei seine Fähigkeit, die finalen Ergebnisse und potenziellen Szenarien zu bewerten.

Die Fähigkeit der Antizipation, die global beste Lösung zu finden, hat im Bereich der Schichtplanung nur ein modernes, hochentwickeltes Workforce-Management-System mit einem leistungsfähigen Algorithmus, der auf Künstlicher Intelligenz (KI) basiert. Im Gegensatz zu Garry Kasparov, Bobby Fisher, oder sogar dem einzigartigen Magnus Carlsen brauchen wir allerdings keine außerordentlichen Fähigkeiten, um mit einem Workforce-Management-System optimale Ergebnisse in kürzester Zeit zu erhalten.

Schlusswort…

KI wird Einzug in die unterschiedlichsten Branchen halten und die Art und Weise verändern, wie wir unsere Arbeit verrichten. Workforce Management bildet hier keine Ausnahme. Die Tage der manuellen Dienstplanerstellung sind gezählt. Die zunehmende Anzahl von Mitarbeiterwünschen und die Dynamik, der viele Branchen ausgesetzt sind, ist schlichtweg zu viel für das menschliche Gehirn. Die Vorteile von KI in Bezug auf Effizienz, besserer Work-Life-Balance und verbessertem Kundenservice liegen auf der Hand. Unternehmen, die das nicht als Wettbewerbsvorteil sehen, werden im Wettbewerb nicht bestehen.

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2023-08-18T17:38:58+02:0012. November 2018|
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